Inhouse Training - Erarbeitung strategische Ausrichtung

Die größte Herausforderung bei der Vereinbarung von Zielen liegt darin, Menschen zu motivieren und bei der Umsetzung der Ziele an Bord zu holen.

Alle Zielklausuren auf den verschiedenen Führungsebenen basieren im Rahmen von Hoshin Kanri auf dem sogenannten Catchball-Prinzip. Der Name Catchball bezeichnet ein japanisches Spiel, bei dem ein Kreis von Kindern einen Baseball hin und her wirft. Er wird so genannt, weil bildlich gesprochen allen Teilnehmern die Gelegenheit gegeben wird, Ideen hin und her zu „werfen“, um letztendlich zu erreichen, dass Ziele, Maßnahmen und Kennzahlen miteinander verhandelt und vereinbart werden.

Catchball passiert auf allen Ebenen & Bereichen einer Organisation

Während des Catchball-Prozesses verhandeln die jeweiligen Ebenen in Klausuren ihre Ziele und legen sie fest: Zum Beispiel, wenn die obere Ebene (z. B. Bereichsleiter) der unteren Ebene (z. B. Abteilungsleiter) die Unternehmensziele, aktuelle Verbesserungsprojekte und Kennzahlen vorstellt, müssen die Abteilungsleiter begründen, was sie dazu beitragen können, um die Ziele zu erreichen.

Catchball passiert auf allen Ebenen und Bereichen einer Organisation, sowohl vertikal (top-down und bottom-up) als auch horizontal (zwischen Bereichen und Abteilungen, die einen Einfluss auf die Erreichung eines Ziels haben) und wird in den bereits dargestellten iterativen Meetings (Zielklausuren) durchgeführt.

Catchball Prozess - Prinzip grafisch dargestellt: Hoshin Kanri

Durch den Catchball-Prozess werden die Ziele zwischen den Parteien in lebhaften Diskussionen verhandelt, indem über Zielvorgaben, Kennzahlen, Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Verteilung und Entwicklung von Ressourcen Konsens geschaffen wird. Zudem stellt der Catchball-Prozess ein Feedback zwischen den Ebenen bereit, ob ein jährliches oder mittelfristiges Ziel erreichbar ist und ob ggf. Prioritäten oder Ressourcen umstrukturiert werden müssen, um die spezifischen Ziele zu erreichen.

Der Catchball-Prozess ist mit viel Diskussion und Planung verbunden, denn die obersten Ziele müssen über die verschiedenen Ebenen kaskadiert und in spezifische Aktionspläne übersetzt werden. Auf jeder Ebene, auf der der Hoshin-Kanri-Prozess aktiv ist (und wie bereits erwähnt, wird nur bis dahin kaskadiert, wo die entsprechenden Führungsfähigkeiten vorhanden sind), erarbeitet eine Führungskraft mit ihren untergeordneten Leitern oder ihrem Team die Umsetzungspläne und die Zielvorgaben.

Das Unternehmensziel „Fehlerquote um 50 Prozent reduzieren“ bedeutet nicht, dass jeder Teil des Unternehmens die Quote um die gleiche Menge reduzieren muss. Einige Bereiche haben im vorherigen Jahr vielleicht schon größere Verbesserungen erzielt, sodass eine 50-prozentige Reduktion unrealistisch ist, während andere Bereiche die Möglichkeit haben, die Fehlerquote um weit mehr als 50 Prozent zu reduzieren.

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Erfolg des Catchball-Prozesses

Während des Catchball-Prozesses verhandelt somit die jeweilige Führungskraft mit den Verantwortlichen die jeweiligen Zielvorgaben, um insgesamt das Unternehmensziel zu erreichen. Demzufolge hängt der Erfolg des Prozesses sowohl von der Tiefe des Wissens der Führungskraft über die Situation und die Möglichkeiten ab sowie von der Bereitwilligkeit der unteren Ebene, sich dieser Herausforderung zu stellen und die Verbesserung auf einem geeigneten Weg anzugehen.

Im Allgemeinen wird in den Zielklausuren diskutiert,

  • was gemacht werden muss, um die Ziele zu erreichen,
  • wo Probleme bei den Kapazitäten oder Fähigkeiten liegen,
  • welche Verantwortung übernommen werden muss, um die Probleme zu adressieren, und wie die Ziele gemessen und visualisiert werden können.

Insgesamt geht es darum, ein reales Bild über die Fähigkeiten der Organisation zu erhalten und den Fokus der Organisation auf diejenigen Bereiche zu lenken, wo die größten Hindernisse und Kapazitäten liegen. Das erfordert seitens der Mitarbeiter eine Wertschätzung gegenüber den Führungskräften und seitens der Führungskräfte die Bereitschaft, den Mitarbeitern zuzuhören und an sie zu glauben.

Wie ein Unternehmen den Catchball-Prozess plant, hängt von der Struktur ab. In kleinen Unternehmen kann Catchball ein kurzer Prozess sein, indem z. B. nur zwei Ebenen eingebunden werden. In großen Organisationen kann der Catchball-Prozess über mehrere Ebenen gehen. In diesem Fall muss er sorgfältig und stufenweise geplant werden.

Im Idealfall geht der Hoshin-Kanri-Prozess bis auf jeden einzelnen Mitarbeiter hinunter, da die Ziele bis zur untersten Ebene heruntergebrochen werden. Diese Mitarbeiter erhalten immer detailliertere Aktionspläne zur Erreichung ihrer Ziele und sind damit aktiv in den Umsetzungsprozess involviert. Schließlich muss jedes Teammitglied in jeder Gruppe in der Lage sein, genau zu wissen, was das Ziel ist und was es dafür leisten muss.

Wenn der Catchball-Prozess zum ersten Mal durchgeführt wird, sollte er möglichst einfach gehalten werden. Empfehlenswert ist es, zunächst die Kaskadierung nur bis zur zweiten Ebene durchzuführen und den Rest mit Maßnahmenplänen umzusetzen. In den nächsten Jahren, wenn sich der Prozess eingespielt hat, kann mit der Einbindung der unteren Ebenen begonnen werden.

Gleiches gilt, wenn lediglich auf oberen Ebenen bestimmte Führungsfähigkeiten vorhanden sind bzw. ein gewisser Reifegrad von Führung existiert. Nur dann können Führungskräfte entsprechend zum Prozess beitragen und ihn steuern. In diesem Fall ist es sinnvoll, in den ersten Jahren lediglich die obere Führungsebene am Hoshin-Kanri-Prozess zu beteiligen und die Ziele noch nicht bis auf Arbeitsgruppenebene herunterzukaskadieren.

Neugierig geworden? Erfahren Sie mehr über den Catchball-Prozess:

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Beispiel für den Catchball-Prozess bei Toyota

Bei Toyota werden die Hoshin-Ziele weltweit über alle Werke bis auf Gruppenleiterebene heruntergebrochen. Der Catchball-Prozess dauert drei Monate und ist zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres (April) beendet: Jeden Januar hält der Präsident von Toyota eine Ansprache, wo er auf das vorangegangene Jahr blickt, das Marktumfeld sowie Trends darstellt, welche Herausforderungen auf das Unternehmen zukommen, und ein Bild der Zukunft beschreibt.

Januar bis März ist das Zeitfenster für die detaillierte Hoshin-Planung, beginnend mit dem Headquarter Japan, von wo sie über die Länder, Regionen und Werke jeweils bis auf Gruppenebene heruntergebrochen wird. Anfang April sind die jährlichen Hoshin-Pläne auf der ganzen Welt festgelegt.

Aus der Sicht einer Region werden Mitte Februar die Ziele für Produktion, Vertrieb und Engineering festgelegt. Ende Februar sind die Ziele auf jedes Werk heruntergebrochen. Die Werke starten dann einen internen Prozess, um die Ziele bis auf Gruppenebene zu kaskadieren. Zwei Vereinbarungen werden auf jeder Ebene getroffen: Was sind die Ziele auf der jeweiligen Ebene und mit welchen Methoden können die Ziele erreicht werden?

Ende März (Beginn des Geschäftsjahres) ist der Planungsprozess von drei Monaten beendet.

Anfangs wird es zwei oder mehr Wochen pro Ebene dauern, den Catchball-Prozess durchzuführen. Mit einer gewissen Übung und guter Planung schaffen es viele Unternehmen in einer Woche pro Ebene. Eine Kaskadierung über drei Ebenen inklusive der Konsolidierung nach oben dauert ungefähr zwei Monate.

Es ist eine große Herausforderung beim Catchball-Prozess, die Ziele auf verschiedene Ebenen herunterzubrechen und sich über die Zielvorgaben zu einigen. Wenn die Ziele beispielsweise auf die Gruppenebene kaskadiert werden, wird es kritisch: Man muss sich überlegen, wie die Ziele erreicht werden können und wie diese in relevante Kennzahlen auf der Prozessebene heruntergebrochen werden können. Das ist der kreativste Teil des Hoshin-Kanri-Prozesses: Das aktuelle Problem verstehen und die richtigen Wege zur Verbesserung von Prozessen festlegen, damit die Breakthrough-Ziele erreicht werden können.

Dabei gilt es, Folgendes zu beachten: Der Catchball-Prozess wird bei Unternehmen mit einer Kultur, in der immer versucht wird, Ziele so niedrig wie möglich zu setzen, nicht funktionieren. Viele Unternehmen die versuchten, Hoshin Kanri einzuführen, scheiterten häufig zusätzlich daran, dass ein wichtiger Aspekt beim Catchball-Prozess fehlt: das kreative Denken, das mit dem Herunterbrechen von Zielen bis hin zu spezifischen Kennzahlen und detaillierten Aktionsplänen verbunden ist und jede Ebene betrifft. Catchball ist ein Prozess der Innovation und der Entwicklung von Mitarbeitern auf allen Ebenen, was Zeit und Commitment erfordert.

Typische Ergebnisse beim Catchball-Prozess sind:

  • Häufig stellt sich in den Zielklausuren heraus, dass Fähigkeiten oder Ressourcen nicht vorhanden sind, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dann ist es sinnvoll, eine Vereinbarung zu treffen, dass zunächst diese Herausforderung akzeptiert wird, während klar gemacht wird, dass momentan kein adäquater Lösungsweg existiert.

    Anschließend fokussiert man sich darauf, dass eine kreative Lösung auf den nächsten Ebenen im Catchball-Prozess oder während der Umsetzung gefunden wird.

  • Bei fast allen Zielen wird deutlich, dass eine gewisse cross-funktionale Kooperation notwendig ist. Das bedeutet, dass man sich schon vor Beginn der ersten Zielklausur überlegt, welche Schlüsselpersonen von Anfang an miteingeladen werden.

  • Manche Situationen müssen einer genaueren Analyse unterzogen werden. Deswegen sollte im Zeitraum von ein bis zwei Wochen die nächste Zielklausur angesetzt werden.

Vorteile: Durchführung der Zielklausuren mit dem Catchball-Prozess

  • Die Zielabstimmung wird viel sorgfältiger durchgeführt, da die unteren Ebenen intensiv und durchgängig eingebunden sind.

  • Das Verhandeln zwischen den Parteien sorgt dafür, dass sich Führungskräfte und Mitarbeiter stärker mit den Zielen identifizieren, sich verpflichtet fühlen und wissen, was von ihnen erwartet wird. Damit wird vermieden, dass Ziele einfach nur festgelegt werden und bei Nichterreichen Schuldzuweisungen erfolgen.

  • Durch den Kaskadierungsprozess wird Klarheit auf jeder Ebene geschaffen und es wird ein realistischer Plan entwickelt, für den sich alle Mitarbeiter verantwortlich fühlen.

  • Führungskräfte und Mitarbeiter werden in Zukunft mehr Zeit in strategische Vorhaben investieren, um ihre Ziele zu erreichen.

  • Es wird Transparenz über die organisatorischen Fähigkeiten geschaffen und erkannt, wo Fähigkeiten nicht ausreichend vorhanden oder Verbesserungen notwendig sind.

  • Führungskräfte und Mitarbeiter werden herausgefordert und von der Vorstellung inspiriert, dass sie in der Lage sind, Dinge zu erreichen, die weit weg vom Alltäglichen sind. Für viele Unternehmen bedeutet diese Einstellungsveränderung jedoch einen großen kulturellen Wandel.

  • Der Catchball-Prozess befähigt Mitarbeiter und ihre Führungskräfte, den notwendigen Dialog fortzuführen, bis sie einen Konsens gefunden haben. Dabei kann fehlerhaften Annahmen begegnet werden, Unstimmigkeiten können in Einklang gebracht und zerstreute Informationen können in aussagekräftige Bilder umgesetzt werden. Der ganze Zweck von Catchball ist es, einen Konsens zu erreichen, bevor man in die Umsetzung geht.

Wie der Catchball-Prozess zeigt, ist Hoshin Kanri in diesem Punkt revolutionär und zeigt den größten Unterschied zwischen ihm und Management by Objectives (MbO) auf. Nicht nur, weil es die dezentrale Entscheidungsfindung unterstützt, sondern weil es die Macht der traditionellen funktionalen Führungsstruktur auf eine cross-funktionale und interdisziplinäre Struktur überträgt.

Die Zielabstimmung ist solange unvollständig, bis die Ziele und alle Maßnahmen akzeptiert und in sich widerspruchsfrei in der gesamten Organisation vorhanden sind. Am Anfang werden die Führungskräfte versuchen, an ihrer Autorität festzuhalten, aber schrittweise wird diese Denkungsart entwurzelt und das Unternehmen wird sich in einen neuen Führungsstil verwandeln.

Über mich

Dr. Daniela Kudernatsch ist Gründerin und Geschäftsführerin der Unternehmensberatung KUDERNATSCH Consulting & Solutions.

Sie ist eine erfahrene Strategieexpertin mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung. Fr. Dr. Kudernatsch hat in den Neunzigerjahren praktische Erfahrungen in verschiedenen Unternehmen gesammelt und berät seit 2001 Unternehmen national und international bei der Einführung von Managementsystemen. Hierzu zählen u.a. Hoshin Kanri, OKR (Objectives & Key Results), Balanced Scorecard, Lean Management.

Außerdem ist sie Bestseller-Autorin zahlreicher Managementbücher und wird häufig zu Key Notes oder Impulsvorträgen gebucht.